Angeln in Spanien – eine Reise an den Ebro
Tag 1
Anfang Mai war es endlich wieder so weit und es ging zum zweiten Mal nach Spanien an den Ebro. Kaputt, jedoch voller Euphorie im Camp angekommen, schmissen wir unsere Klamotten mehr oder weniger in die Ecke. Anschließend packten wir unser gut verpacktes Tackle aus, denn die Abendstunden hatten bereits begonnen und das Fischen ist hier nur von Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang gestattet. Also machten wir das Boot startklar und fuhren los. Angekommen am ersten Spot stiegen nach gar nicht so langer Zeit bei meiner besseren Hälfte zwei schöne Ü40 Punks auf einen 3,5“ Little Spider von Keitech im Green Pumpkin Dekor ein. Derweil versuchte ich es mit einem 7“ Shaker und erhoffte mir einen größeren Zander oder vielleicht auch Wels. Die Welse wollten nicht. Dafür aber hatte ich zwischendurch immer wieder mal kurze Anfasser – als wollte mich da jemand ärgern. Mir fiel auf, dass dies meist direkt an einem Pumphaus der Fall war, welches sich in Wurfweite neben uns befand. Direkt an einer abfallenden Kante des Fels-Plateaus auf dem es im Wasser stand. So, so, dachte ich mir. Das Verhalten und die Gegebenheiten kommen mir doch irgendwie bekannt vor. Ich wechselte auf einen 5“ CAMO Sea Shad im Pumpkin / Chartreuse Belly Outfit, da das Wasser dort durch das abpumpen etwas angetrübt war. Promt bestätigte sich, dass dort ein Trupp halbstarker Zander lauerte, welche sich plötzlich nicht mehr zurückhalten konnten und einen meiner Lieblingsbaits regelrecht zum Fressen gernhatten. Auch, wenn es keine Riesen waren, hat es richtig Laune gemacht und mal wieder gezeigt, dass dieser Gummifisch einfach eine Bank ist. Meine Frau hat mit Chartreuse Pepper voll ins Schwarze getroffen und eine Menge Spaß gehabt. Wie man es kennt, verging die Zeit dann wie im Flug und wir machten uns auf den Rückweg zum Camp. Nun waren wir natürlich heiß und konnten kaum den zweiten Tag abwarten.
Tag 2
Leider machte uns das Wetter an diesem Tag gewaltig einen Strich durch die Rechnung. Denn es regnete fast ununterbrochen und die Außentemperatur ist um mehrere Grad Celsius abgefallen. Also hieß es statt oberkörperfrei oder T-Shirt dann Pullover und Jacke. Wir sprachen mit dem Camp-Betreiber und einigen Einheimischen, welche uns mitteilten, dass solch ein Wetterwechsel zu dieser Jahreszeit auch nicht gerade der Regelfall ist. „Die letzten Wochen war es richtig schön“, sagten sie. Ich vermutete daraufhin, dass sich der starke Wetterwechsel auf das Beißverhalten der Fische auswirkte. Trotzdem versuchten wir alles. Doch die Mäuler der Räuber waren wie verschlossen. Zusätzlich kam immer mehr Wind auf. Am Ende des Tages hatten wir dann doch noch etwas Glück und die Ankunft im Camp als Schneider blieb uns erspart.
Tag 3
Am dritten Tag fuhren wir als ersten Spot dann nochmal das Pumphaus an. Vielleicht haben wir ja Glück und erwischen wieder eine Rasselbande, zwischen der sich diesmal auch der ein oder andere größere Räuber aufhält. Wir konnten die Anlage schon sehen, da wurde das recht klare Wasser des Ebros, wie man es normalerweise kennt, unter uns plötzlich dunkelbraun wie Kaffee. Wie jetzt, dachte ich?! Was ist das denn bitte?! Ich stoppte den Motor, fuhr einige Meter zurück und sah, dass der Bereich, in dem die braune Suppe anfing, wie abgeschnitten aussah. Anfangs vermutete ich, dass es mit dem starken Regen vom Vortag und dem Betrieb des Pumpwerkes zu tun haben könnte. Als ich jedoch während der Spotwechsel mitbekam über was für eine lange Strecke sich die braune Färbung zog, wurde mir klar, dass es an etwas anderem liegen muss. Später stellte sich dann heraus, dass der Grund dafür eine Braunalge ist. Ich versuchte es trotzdem eine Weile an verschiedenen Plätzen. Fehlanzeige. An diesen Stellen ging weder Zander noch Waller. Also, Platzwechsel. Ab ins Klare. Wir befischten intensiv die algenfreien Stellen und fingen auch wieder unsere Zander. Wieder rockte der CAMO Sea Shad das Haus.
Auch ein kleinerer Waller konnte dem quirligen Lauf dieses Köders nicht widerstehen. Endlich, dachte ich mir und genoss den Drill in vollen Zügen. Am leichten Zandergeschirr machte das einen riesen Spaß. Aus diesem Grund sind wir schließlich auch hier. Die Sucht nach diesem Gefühl, wie wir Angler es alle kennen. Somit war der Schock vergessen und unsere Laune wieder ganz oben. Nach Sonnenuntergang versuchte ich es dann gezielt noch etwas auf größere Waller. Das wäre doch nochmal ein Erlebnis, dachte ich mir. Euphorisch kurbelte ich so ziemlich alles durchs Wasser, was ich dabei hatte. Gefühlt war das die gesamte Hersteller-Palette. Nichts ging. Ich bekam einfach keinen weiteren Wels ans Band. Hin und wieder wurde ich aber mit schönen Zandern belohnt, welche immer wieder behutsam den Weg in ihr Element zurückfanden. Als es bereits dunkel war und wir gerade den Rückweg antreten wollten, zauberte meine Madam mit einem Easy Shiner dann plötzlich noch einen kleinen Schleimer aus der Kinderstube an einer Schilfkante aus dem Wasser. Okaaay, dachte ich mir, die Frau weiß wie es geht. Wir fingen beide an zu lachen und freuten uns gemeinsam über den Fisch und Erfolg.
Tag 4
Diesen Tag wollten wir natürlich auch nochmal richtig ausschöpfen. Denn wir wussten, dass wir Freitag nur den halben Tag zum Fischen haben, bevor wir unsere Sachen wieder packen und für Ordnung sorgen müssen. Wir entschieden uns am oberen Stausee anzugreifen, was auch goldrichtig war. Das Wetter spielte auch wieder mit und ich machte mich ans Werk ein paar der beliebten Schwarzbarsche ans Band zu bekommen. Nach einigen kleineren Burschen an der Steganlage fuhren wir weiter raus und ich steuerte eine idyllische Bucht Richtung Ufer an. Wir fuhren ein ganzes Stück durch eine schlangenförmige Felsformation. Wie ein Canyon, der sich immer weiter in das Landesinnere erstreckt. Das Wasser hier war glasklar. Es wurde immer flacher und wir erreichten das Ende der Bucht. Seelenruhig und traumhaft schön. Zwischen Laubenschwärmen, Sonnenbarschen und mittelgroßen Schwarzbarschen zog ein dunkler Rücken seine Bahnen. Als ich vorsichtig mit dem E-Motor etwas dichter heranfuhr, erkannte ich, dass es ein großer Schwarzbarsch ist. Aufgeregt überlegte ich mir wie ich diesen Burschen wohl überlistet bekomme, ohne ihn zu verschrecken. Denn ich habe das Jahr zuvor schon die Erfahrung gemacht, dass ein zu häufiges Anwerfen die Fische schnell verscheuchen kann. Gerade auch in der Mittagssonne wenn sie wie lethargisch sind. Da ist mir eingefallen, dass ich noch eine Packung Salty Core Sticks dabei habe. Ich nahm meine Drop-Shot Rute, machte mir knapp gehakt einen Wurm ran und ließ ihn schön lang herunter hängen. Ich wartete darauf, dass er mir den Rücken zudreht und somit nur das Eintauchen des Köders wahrnimmt. Gespannt warf ich den Fisch an. Meine acht Gramm DS-Bleikugel plumpste leise neben den Fisch ins Wasser. Mit den acht Gramm erzielte ich fast ein Gleichgewicht zwischen Blei und Köder, was den Wurm auch nicht gleich wie ein Stein zum Grund zog. Er drehte sich um, schaute und schoss zu dem langsam zum Grund taumelnden Wurm. Dann blieb er kurz davor stehen und ließ mich gerade so noch zweimal den Wurm anzupfen, bevor er ihn einsaugte. Was ein Spaß am feinen Geschirr. Nachdem das Bangen, dass der Fisch sich abschütteln könnte, überstanden war und ich ihn in meinen Händen hielt, freuten wir uns riesig. Dies wurde zeitgleich mein bisheriger PB dieser Fischart.
Nachdem wir noch ein paar Barsche fingen, machten wir eine Pause und ließen nochmal alles in Verbindung mit dieser tollen Kulisse auf uns wirken. Dann suchten wir uns den nächsten Spot, bevor es dunkel wird und wir rechtzeitig wieder im Hafen sind. Ich fand einen breiten Strand in Form einer herausragenden Landzunge. Links und rechts umgeben von zwei Buchten mit viel Gehölz unter Wasser. Mein erster Gedanke waren Waller, welche sich darin möglicherweise befinden könnten. Ich befand mich in Strandnähe mit dem Rücken zum Ufer und fuhr langsam wieder raus in Richtung Hauptstrom bzw. Mitte des Stausees. Auf dem Echolot viel mir dann auf, dass die Landzunge noch weit ins Wasser ragte und schön langsam abfiel. Somit also ideal zum Faulenzen, was uns im Vergleich zu den vielen spitzen Abbruchkanten eine schöne Angelei ermöglichte. Allmählich wurde es tiefer. Nach und nach zeigten sich immer wieder vielversprechende Echolot-Bilder. Ich fuhr wieder ein Stück zurück und setzte auf 6 Meter Wassertiefe den Anker. So hatten wir die Möglichkeit ins Tiefe zu werfen und den Berg hoch zu jiggen, aber auch in den Abendstunden zum Beispiel, wenn die Räuber ins Flache ziehen, diese Bereiche abzuwerfen und die Kante herunter zu faulenzen. Der Plan ging auf. Kleine bis mittelgroße Zander ließen sich zu einem kurzen Landgang überreden. Da das Wasser hier sehr klar war, entschieden wir uns für natürlichere und gedecktere Farben. Auch ein PB-Fisch war zu unserer Freude nochmal dabei – diesmal für meine Freundin. Mit einem 4“ Elite Shiner bekam sie einen wunderschön gefärbten Stachelritter ans Band.
Was waren wir happy. Mensch, dachte ich mir, jetzt noch einen schönen Waller dazu – das wäre doch ein grandioser Abschluss. Ich war schon gedanklich beim Tackle-Wechsel zum Wallerangeln, als ich plötzlich eine hammerharte Attacke auf einen Fat Swing Impact bekam. In dem Momente faulenzte ich gerade noch die Kante vom flachen Bereich ins tiefere Wasser herunter, um hoffentlich einen der aufsteigenden Zander abzupassen. Der Räuber am anderen Ende muss den Köder mit voller Wucht eingesaugt haben, so wie der Einschlag im Blank zu spüren war. Das muss ein guter Zander sein, dachte ich mir. Als ich nach dem Anschlag keine Reaktion am anderen Ende spürte, war meine Wahrnehmung für ein paar Sekunden getrübt. Keine Kopfstöße, kein Schütteln, kein Bocken. Meine Rute war einfach nur krumm bis zum Blank und meine Kraft wirkte entgegen. Hänge ich etwa doch nur an einem Felsen fest? Warum aber fühle ich am anderen Ende ein Absinken wie in Zeitlupe in tiefere Gefilde? Ich hielt mit voller Kraft dagegen, doch die Rute in meinem Handgelenk wurde weiter heruntergezogen. “Plötzlich fing der Fels an zu rollen“. Die Bremse meiner Rarenium surrte durchgehend. Ich stellte sie noch fester ein. Damit hätte sogar eine wirklich große Hechtmutti im Freiwasser zu tun gehabt. Doch auch das änderte nichts. Der Fisch zog weiter Schnur von der Rolle und ich konnte kaum Gegenwehr bieten. Meine Rute, welche mit einem Wurfgewicht von bis zu 80 Gramm für das schwere Zanderangel gedacht ist und ich dort mitunter fischte, falls doch ein besserer Waller einsteigt, ähnelte in dem Moment einem Gummiknüppel. Mit so einem Fisch habe ich nicht gerechnet. Da ist er also – der Endgegner! Nach kurzem Kampf voller Adrenalin habe ich den Fisch dann aber leider verloren. Wie groß er war, kann ich nicht sagen, da ich ihn leider nicht zu sehen bekam. Ich vermute aber, dass er nicht unter 2 Meter war. Mit dem passenden Geschirr hätte ich den Fisch womöglich landen können. Leider sollte es nicht sein. Trotzdem war es ein einmaliges Erlebnis und wieder einmal ein toller Urlaub. Denn die Erinnerung bleibt.
Bilder & Text: Christopher Gutteck